Kleine Heimtiere

Fütterungsempfehlungen für Kaninchen

Viele Erkrankungen unserer Kaninchen entstehen durch falsche Fütterung. Leider ist ein Großteil der kommerziell erhältlichen Futtermittel nicht geeignet, Kaninchen artgerecht zu ernähren.

 

Was fressen Kaninchen in freier Natur?

Kaninchen sind „Herbivoren“. Das heißt, sie ernähren sich in der Natur von Gräsern, Kräutern, Blättern und Gemüsepflanzen. Getreidekörner wie Hafer, Gerste, Roggen und Weizen gehören nicht auf den natürlichen Speiseplan. In fast allen Fertigprodukten zur Kaninchenernährung finden sich jedoch Getreideprodukte. Leider hat der Handel ein großes kommerzielles Interesse, Ihnen diese Fertigfutter zu empfehlen, denn gerade mit diesen Produkten wird enormer Profit gemacht.


Was passiert bei falscher Fütterung:

ZÄHNE: sowohl die Vorderzähne als auch die Backenzähne des Kaninchens wachsen lebenslang 1-2mm pro Woche! Das heißt, sie wachsen im Jahr ca. 10cm! Dies hat die Natur so eingerichtet, weil die Kaninchen sich normalerweise (wie oben beschrieben) von rohfaserreichen und energiearmen Pflanzen ernähren. Um von diesem Futter leben zu können, müssen sie von morgens bis abends große Mengen Futter aufnehmen und zerkleinern. Nur so können sie ihren Energiebedarf decken.
Viele Kaninchenbesitzer denken, die Abnutzung der Zähne erfolgt durch das Abbeißen und Kauen besonders harter Nahrungsmittel. Das ist falsch! Die Abnutzung, insbesondere der Backenzähne, wird durch das kontinuierliche „Zermahlen“ des Futters erreicht (Futteraufnahmedauer). Kaninchen, die Fertigfutter bekommen, werden durch die darin enthaltenen Getreidekörner jedoch so stark gesättigt, dass die Zeit, die sie zur täglichen Nahrungsaufnahme benötigen, deutlich abnimmt. Mit den Folgen dieser Fütterung kämpfen wir täglich in der Praxis. Die ständig wachsenden Zähne werden nicht ausreichend abgenutzt. Sie verlieren über die Jahre ihre normale Stellung und fangen an, aneinander vorbeizuwachsen. Es entstehen fürchterliche Wunden im Mund, es folgen Kieferabszesse und nicht selten sterben die Tiere, weil sie nicht mehr fressen können.

VERDAUUNG: Nicht nur die Zähne leiden unter der falschen Ernährung. Die Probleme setzen sich in den Verdauungsorganen fort. Kaninchen haben einen relativ großen Magen mit einer ausgesprochen dünnen Magenwand. Die im Magen befindliche Nahrung wird nicht aktiv vom Magen in den Darm „gepresst“.  Der Mageninhalt rutscht erst dann in den Darm, wenn neues Futter in den Magen gelangt.
Der Inhalt des Magens wird also durch das neu hinzukommende Futter in und durch die Gedärme geschoben.Füttern wir nun stark sättigende Futtermittel, nimmt die Futtermenge und -dauer am Tag deutlich ab. Die Fresspausen, in denen kein  „Nachschub“ in den Magen gelangt werden länger. Die Darmbakterien leiden sowohl unter diesen Stillständen als auch unter den falschen Nahrungsmitteln (Körner oder gar Joghurtdrops u.ä.). Nicht selten folgen Durchfälle.

WICHTIG: Stellen Sie die Ernährung Ihres Kaninchen nie schnell um. Reduzieren Sie die Menge Ihres Körnerfutters sehr langsam! Das Tier sollte nicht oder kaum an Gewicht verlieren. Tiere, die lange falsch ernährt wurden, können zwischenzeitlich von getreidehaltigem auf getreidefreies Trockenfutter umgestellt werden.

Die richtige Ernährung:

  • ständiger Zugang zu frischem Wasser
  • Heu ist das Grundnahrungsmittel! Es sollte in einer Raufe 24 Std. am Tag zur  Verfügung stehen
  • Stroh ist das optimale Einstreumaterial (auch Rohfaserquelle)
  • Grün- und Nassfutter mindestens 2x täglich (siehe Tabelle)
  • Obstbaumzweige sollten als Nagematerial + Mineralienquelle ständig zur Verfügung stehen
  • Calziumsteine nicht anbieten (Gefahr von Harnsteinbildung)

An jedes neue Grünfutter müssen die Tiere erst gewöhnt werden (kleine Mengen), nach Gewöhnung regelmäßig verabreichen. Das Frischfutter sollte täglich aus 4-5 Komponenten bestehen, um die Flüssigkeitszufuhr konstant zu halten. Gemüse und Gras dürfen nass gefüttert, aber nicht nass aufbewahrt werden (verdirbt sofort).

 

Gut geeignete Futtermittel:

GEMÜSE: Chicoree, Möhrengrün, Eisberg-, Endivien-, Feld-, Kopfsalat, Paprika, Tomaten, Zuccini
KRÄUTER: Ackerdistel, Basilikum, Bohnenkraut, Breitwegerich, Brunnenkresse, Estragon, Huflattich, Kerbel, Kümmel, Majoran, Melisse, Oregano, Schafgarbe, Spitzwegerich, Vogelmiere, Zaunwicke.

Geeignet als Leckerbissen (keine zu großen Mengen):

GEMÜSE: Chinakohl, Möhre, Pastinake, Salatgurke, Spargel, Topinambur
OBST: Apfel, Birne, Traube, Brom-, Erd-, Heidel-, Him-, Johannisbeere

Bedingt geeignet, da sehr calziumhaltig (kleine Mengen):
Petersilie, Löwenzahn, Luzerne, Kohlrabiblätter, Klee

Bedingt geeignet (nur in sehr kleinen Mengen):
Brennessel, Hagebutte, Liebstöckel, Pfefferminze, Pilze
OBST: Aprikose, Banane (stopft), Pfirsich, Rosinen, Ananas, Mandarine, Kiwi, Kürbis,
GETREIDE: Gerste, Hafer, Mais, Weizen, Roggen

Ungeeignet (da schädlich oder zu kalorienreich):
Artischocke, Aubergine, Blumenkohl, Bohne, Broccoli, Erbse, Grünkohl, Kartoffel, Knoblauch, Mangold, Rettich, Radieschen, Rosenkohl, Spinat, Rote Beete, Wirsing, Gänseblümchen, Rosmarin, Salbei, Schnittlauch, Avocado, Pflaume, Rhabarber, Kokosnuss, Datteln, Nüsse, Sonnenblumenkerne

Quelle: Medizinische Kleintierklinik der LMU München „Fütterungsempfehlung für Kaninchen“ Oberärztin Dr. J. Hein

Diesen Artikel als PDF