Narkosen bei kleinen Heimtieren
Kleine Heimtiere gelten als besonders empfindlich bei Narkosen.
Neue Narkoseverfahren und High-Tech im OP machen die Narkose sicherer.
Ein Drittel der in unserer Praxis behandelten Tiere sind Kaninchen, Meerschweinchen und andere kleine Heimtiere. Viele unserer kleinen Patienten benötigen für ihre Behandlung eine Narkose. Sei es für die Kastration von männlichen oder weiblichen Tieren, für Zahnkorrekturen oder auch für die Entfernung von äußeren oder inneren Tumoren.
Je nach Art und Dauer des Eingriffs verwenden wir unterschiedliche Narkoseverfahren.
Klassische Injektionsnarkose
Bei der klassischen Injektionsnarkose bekommen die Tiere eine Spritze in die Muskulatur. Sie schlafen nach dieser Spritze langsam ein und schlafen dann ca. 20 Minuten so tief, dass in dieser Zeit operiert werden kann. Nach dieser Zeit beginnen sie, wieder vermehrt Schmerzen wahrzunehmen und erwachen langsam. Bis die Narkose vom Körper vollständig abgebaut ist und der Patient sich sicher bewegt und normal frißt, vergehen einige Stunden.
Moderne Injektionsnarkose (Trippelnarkose)
Die sogenannte Trippelnarkose ist die zur Zeit modernste Form der Injektionsnarkose. Der Patient bekommt eine Mischung aus drei verschiedenen Narkotika, die durch drei weitere Medikamente am Ende des Eingriffs in ihrer Wirkung wieder vollständig aufgehoben werden können. Die Tiere schlafen so nicht länger als nötig und sind ca. 5 Minuten nach Gabe der Gegenmittel wieder auf den Beinen und beginnen zu fressen. Durch die Zusammenstellung der Medikamente besteht zudem eine deutlich bessere Schmerzausschaltung während des Eingriffs. Es kommt zu weniger unbewusstem „Stress“ des Tieres in der Narkose, was wiederum die Narkosesicherheit erhöht. Unsere Patienten erhalten bei dieser Narkose außerdem einen Venenverweilkatheter, der uns einen ständigen Zugang zum Blutkreislauf sichert. Bei Narkosezwischenfällen können über diesen Zugang sofort die Gegenmittel verabreicht werden. So beginnen sie, in wenigen Sekunden zu wirken, und man kann die Narkose jederzeit abbrechen. Die Trippelnarkose ist teurer als die klassische Injektionsnarkose, aber auch sicherer und verträglicher.
Inhalationsnarkose
Bei der Inhalationsnarkose werden die Tiere zunächst mit einer Narkosespritze in einen kurzen Schlaf versetzt, die Narkose wird dann jedoch mit einem gasförmigen Narkotikum fortgeführt. Je nach Größe des Patienten bekommt er das Narkosegas entweder über eine Atemmaske oder über einen Tubus zugeführt.
Seit Beginn des Jahres 2014 verfügen wir in der Praxis auch über Kehlkopfmasken (v-gel) für Kaninchen in verschiedenen Größen. Dieses - derzeit modernste am Markt erhältliche Narkosesystem für Kaninchen - ermöglicht auch Inhalationsnarkosen bei kleineren Kaninchen. Über spezielle Verbindungsstücke und Adapter ist es möglich auch Kaninchen mittels Kapnographie und Atemalarm in der Narkose zu überwachen (siehe auch unten: Narkosesicherheit).
Vorteile der Inhalationsnarkose
Inhalationsnarkosen sind gut steuerbar (die Narkosetiefe wird individuell angepasst), sie können jederzeit beendet, bzw. abgebrochen werden, sie können ‚beliebig‘ lang geführt werden, die Tiere beginnen nach Ende der Narkose zügig zu fressen, da das Narkosegas im Körper sehr schnell vollständig abgebaut wird.
Nachteile der Inhalationsnarkose
für Eingriffe an Zähnen und Kiefer bei kleinen Tieren sind Inhalationsnarkosen nicht geeignet, da der Weg zum Mund durch die Narkosemaske oder den Tubus versperrt ist.
Die zum Teil praktizierten „offenen Systeme“, bei denen dem zu operierenden Tier der Narkoseschlauch nur vor die Nase gehalten wird, lehnen wir ab, da hierbei ein nicht unerheblicher Teil der Narkosegase vom Operateur und den Praxishelferinnen eingeatmet wird.
Fazit
Die klassische Injektionsnarkose kann bei jungen gesunden Tieren eingesetzt werden, die Trippelnarkose ist jedoch schonender und sicherer. Der größte Vorteil von Trippelnarkose und Inhalationsnarkose besteht darin, dass die empfindlichen Verdauungsorgane unserer kleinen Heimtiere schnellst möglich wieder zu arbeiten beginnen und die Narkose bei Problemen abgebrochen werden kann. Für kompliziertere Eingriffe, wie Bauchhöhlen-Operationen kommt beim Heimtier nur die Inhalationsnarkose in Frage.
Narkosesicherheit
Neben der Auswahl der optimalen Narkose führen wir zur Sicherheit Ihres Tieres folgende Maßnahmen routinemäßig bei jeder Narkose durch:
- ständige Temperaturüberwachung und Wärmezufuhr (während der Narkose wird die Körpertemperatur mit einem speziellen Thermometer kontinuierlich erfasst und auf dem Überwachungsmonitor angezeigt. Da alle kleinen Heimtiere sehr leicht auskühlen liegen sie während jeder Operation auf speziellen Wärmematten
- bei jedem narkotisierten Tier werden die Sauerstoffwerte mittels Pulsoxymetrie kontinuierlich überwacht
- Bei Inhalationsnarkosen wird zudem kontinuierlich der Kohlendioxidwert sowie die Atemfrequenz überprüft (Kapnographie)
- Risikopatienten bekommen einen Venenkatheter sowie warme Infusionen
- in der Aufwachphase ist Ihr Tier in einer stressfreien, gewärmten Umgebung untergebracht.
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