Zwangsernährung
Es gibt eine Vielzahl von Erkrankungen, die dazu führen, dass ein Kaninchen oder Meerschweinchen die Nahrungsaufnahme verweigert. Gerade bei diesen Tieren ist eine kontinuierliche Futterzufuhr jedoch lebensnotwendig!
Verdauungsorgane - Besonderheiten:
Kaninchen und Meerschweinchen haben einen relativ großen Magen mit einer ausgesprochen dünnen Magenwand. Die Magenwand hat im Gegensatz zu Mensch, Hund oder Katze so gut wie keine Muskulatur. Das hat zur Folge, dass der Magen sich nicht selber zusammenziehen kann. Kaninchen und Meerschweinchen können aus diesem Grund nicht erbrechen! Gleichzeitig heißt das aber auch, dass die im Magen befindliche Nahrung nicht aktiv vom Magen in den Darm „gepresst“ werden kann. Der Mageninhalt rutscht erst dann in den Darm, wenn neues Futter in den Magen gelangt. Er wird also durch das neu hinzukommende Futter in und durch die Gedärme geschoben. Ein solcher Magen wird auch „Stopfmagen“ genannt.
Hört Ihr Tier nun aus irgendeinem Grund auf zu fressen - egal, ob es Zahnschmerzen, Ohrenschmerzen oder Bauchweh hat, hat dies zur Folge, dass der Futterbrei nicht mehr vom Magen in den Darm transportiert wird. Der Nahrungsbrei bleibt also in den Gedärmen stehen.
Im Darm leben eine Vielzahl von Bakterien, die das Futter zerkleinern und abbauen. Wird der Futterbrei nicht weitergeschoben, sterben diese „guten“ Mikroorganismen ab und machen Platz für krankmachende Bakterien. So entsteht bereits nach 1-2 Tagen ohne Futterzufuhr eine lebensbedrohliche Situation, die nichts mit der zu Grunde liegenden Erkrankung zu tun hat.
Es gilt also immer der Grundsatz: Ein schlecht oder gar nicht fressendes Tier sollte möglichst SOFORT durch den Besitzer gefüttert / zwangsernährt werden. Außerdem sollte es so schnell wie möglich dem Tierarzt vorgestellt werden. Wenn wir die Tiere erst nach 2-3 Tagen sehen, ist es oft schon zu spät!
Zwangsernährung richtig gemacht:
WOMIT: Für die Zwangsernährung von Kaninchen und Meerschweinchen gibt es vorgefertigte Produkte, die Sie in der Tierarztpraxis erwerben können (z.B. Critical Care© oder Herbi Care©). Diese Produkte haben wir immer vorrätig. Sie sind optimal für die Zwangsernährung geeignet und können auch längerfristig den Bedarf der Tiere optimal decken. Übergangsweise können sie sich mit Mischungen von Babygläschen (z.B. Karotte) mit aufgelösten Heu-Pellets behelfen. Damit sollten Sie ihr Tier jedoch nicht mehr als 1-2 Tage füttern. Solle das Critical Care© oder Herbi Care© ungern aufgenommen werden, so ist es durchaus erlaubt, etwas Banane, ein Teelöffel Karottenbrei bzw. ungezuckerten Apfelbrei oder Ananassaft unterzumischen.
WIEVIEL: als Faustregel gilt:
50ml Critical Care© oder Herbi Care© pro kg Körpergewicht
Der Brei sollte mit warmem Wasser angerührt werden und ungefähr die Konsistenz von Babybrei haben. Sollte das Tier einen erhöhten Flüssigkeitsbedarf haben (z.B. bei Durchfall), dann können Sie den Brei auch wässriger machen. Bedenken Sie bitte, dass die Gesamtfuttermenge dann entsprechend angepasst (erhöht) werden muss.
WIE OFT + WANN: Die errechnete Breimenge sollte auf 6-8 Fütterungen am Tag aufgeteilt werden. Kaninchen sind zum Beispiel dämmerungsaktive Tiere. In der Natur fressen sie vorwiegend abends. Aus diesem Grund muss auch bei der Zwangsernährung abends häufiger und mehr gefüttert werden.
Praktische Tipps:
Je nachdem wie krank Ihr Tier ist, frisst das Tier den Päppelbrei freiwillig, oder es muß mit der Spritze gefüttert werden. Die freiwillige Aufnahme ist natürlich immer zu bevorzugen. Wichtig ist jedoch die tägliche Gewichtskontrolle auf der Waage (bitte benutzen Sie eine geeignete Küchenwaage und keine Personenwaage). Das Tier sollte soviel Futter aufnehmen, dass es nicht abnimmt!
Füttern Sie ein Kaninchen möglichst immer auf dem Boden. Stürze bei Abwehrbewegungen führen häufig zu Knochenbrüchen. Mischen Sie den Päppelbrei bitte zu jeder Mahlzeit frisch an, denn er verdirbt schnell.
Sehr wehrhafte Tiere können auch in ein Handtuch eingewickelt werden.
Gefüttert wird mit einer Spritze. Für manche Futterbreis (z.B. Critical Care©) kann es sinnvoll sein, eine Spezialspritze mit extra großer Öffnung zu nehmen.
Sehr gut geeignet sind auch die abgebildeten präparierten 1ml Spritzen mit abgeschnittenem Konus (Sprechen Sie uns an!). Es ist sehr wichtig, dass sich Ihr Tier nicht am Päppelbrei verschluckt!!! Bitte entleeren Sie die Spritze immer durch Druck mit dem Handballen und nicht mit dem Daumen (siehe Bild). Umfassen Sie wie im Bild gezeigt den Kopf von oben und fixieren Sie ihn an den Kieferknochen.
Führen Sie die Spritze seitlich ein – zwischen Vorder- und Backenzähne. Geben Sie den Brei langsam ein, überprüfen Sie, dass Ihr Tier schluckt! Bei Fütterung mit 1ml Spritzen kann die Menge auch zügig auf einmal eingegeben werden. Ein Milliliter entspricht einer Maulfüllung.
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