Kleine Heimtiere

Die wichtigsten Erkrankungen bei Meerschweinchen

Die wichtigsten Erkrankungen bei Meerschweinchen
Jedes kranke Meerschweinchen erfordert ein schnelles Eingreifen

Mit Meerschweinchen leben heißt Meerschweinchen lieben. Friedliebend, neugierig und nicht selten dem Menschen sehr zugewandt, erschließt sich ihr Wesen jedem, der sich wirklich mit ihnen beschäftigt. Das bedeutet auch, Unwohlsein, beginnende Krankheiten oder – häufiger als angenommen – Schmerzen rechtzeitig und sicher zu erkennen, denn jedes kranke Meerschweinchen ist nicht selten eine große Herausforderung, selbst für erfahrene Tierärzte.

Eine Übersicht, welche Krankheiten Meerschweinchen befallen können, finden Sie hier.

Vorbeugen ist besser als Heilen

Meerschweinchen können grundsätzlich an allen Organsystemen erkranken. Mit immer besseren Untersuchungs- und Diagnosemöglichkeiten steigt die Chance auch komplizierte Erkrankungen zu erkennen und im besten Fall zu heilen.

Blut- und Urinuntersuchungen sowie bildgebende Verfahren wie Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen können auch bei Meerschweinchen durchgeführt werden.

Besonders häufig erkranken die Haut, die Lunge, die Zähne, der Magen-Darmkanal, die Harnblase sowie die Geschlechtsorgane. Diese Krankheiten werden durch Infektionen, Tumore, Stoffwechselstörungen oder hormonelle Entgleisungen ausgelöst.

Manche gesundheitlichen Probleme werden durch falsches Futter oder Fehler in der Haltung hervorgerufen oder begünstigt. Ein ausführliches Erfragen der Lebensumstände und Ernährung ist daher meist von größter Wichtigkeit für eine Diagnosestellung, die Beratung zu diesen Themen ein wichtiges Aufgabengebiet der Tiermedizin und erfordert Zeit und Geduld. Sie als Tierhalter können viel dazu beitragen, die Diagnosestellung zu erleichten und damit schneller eine geeignete Therapie einzuleiten.

Die einzig offensichtlichen Symptome kranker Meerschweinchen sind oft Fressunlust und ein ruhigeres Verhalten. 

In größeren Gruppen und bei älteren Tieren kann dies leicht übersehen werden. Regelmäßige Gewichtskontrollen (lieber täglich als wöchentlich, 20 Gramm Tagesschwankungen sind normal), Menge und Konsistenz der Kotbällchen, selektive Futteraufnahme, verklebte Augen oder eine verschmutzte Analregion, struppiges Fell, Umfangsvermehrungen, vermehrte Wasseraufnahme, wunde Ballen, überlange Schneidezähne, eine pumpende Atmung, Zähneknirschen, jeder weitere Hinweis kann äußerst wertvoll sein.

Häufige Infektionen beim Meerschweinchen

Infektionen können durch Viren, sowie durch Bakterien, Pilze und Parasiten hervorgerufen werden. Viruserkrankungen sind eher selten. Sie können unter anderem zu schweren Lungenentzündungen oder Lähmungserscheinungen führen.

Endoparasiten, also Würmer und Einzeller im Darm werden ebenfalls nicht sehr häufig beobachtet, können bei Jungtieren jedoch zu schweren Krankheitserscheinungen mit blutigen Durchfällen und Abmagerung, Atemwegs- und Nierenproblemen führen. Schlechte Haltungsbedingungen fördern den Krankheitsverlauf. Wegen der Ansteckungsgefahr sollte bei einem Zukauf neuer Tiere stets eine Quarantäne eingehalten werden.

Weitaus häufiger erkranken Meerschweinchen an bakteriellen Problemen. Sie können die Blase oder die Lunge betreffen. Blutiger Urin und Probleme beim Harnabsatz können erste Anzeichen sein. Jedoch können auch Futtermittel den Harn rot färben. Der Gang zum Tierarzt ist daher unumgänglich. Er kann durch weitere Untersuchungen abklären, ob es sich tatsächlich um eine Cystitis oder ein anderes Problem, beispielsweise der Geschlechtsorgane handelt und ob ein Blasenstein die Ursache ist.

Oft unterschätzt und zu spät erkannt werden beim Meerschweinchen gefährliche Lungenentzündungen. Da sie selten husten und ihre Lunge einige Besonderheiten aufweist, ist diese Krankheit nicht leicht zu erkennen.

Augenausfluss, pumpende Atembewegungen, Abnahme und Fressunlust sollten stets auch an die Atemwege des Meerschweinchens denken lassen.

Selbst im Röntgenbild sind Veränderungen schwer nachweisbar, deutliche Abweichungen beim Abhören sind erst in den fortgeschrittenen Stadien erkennbar und die Behandlung muss zügig eingeleitet werden.

Infektiöse Hauterkrankungen dagegen sind einfach zu diagnostizieren und können schnell erkannt auch gut behandelt werden.

Am häufigsten sind Milbeninfektionen der Haut, die häufig einige Wochen nach Zukauf oder nach Stress auftreten. Die Tiere haben einen hohen Leidensdruck, ersichtlich an der deutlichen Gewichtsabnahme durch massiven Juckreiz bis hin zu blutig aufgekratzter Haut.

Räude- und Raubmilben sowie Pelzmilben jucken zumeist deutlich mehr als Pilzinfektionen der Haut. Diese können unter Umständen auch zusammen mit Milbeninfektionen auftreten und erfordern eine genaue Diagnostik.

Bei der Behandlung müssen alle Tiere eines Bestandes sowie die Umgebung behandelt werden, um einen dauerhaften Therapieerfolg verzeichnen zu können.

Beispiele für tumoröse Erkrankungen

Krebs macht auch vor unseren Meerschweinchen nicht halt. Innere Organe wie die Milz, die Leber oder die Gebärmutter sind zum Glück nicht so häufig befallen. Hauttumore dagegen werden häufig angetroffen, meist sind sie jedoch gutartig. Eine Operation ist die einzig sinnvolle Behandlungsstrategie, manchmal muss gleichzeitig zur Entfernung eine Kastration der männlichen Tiere durchgeführt werden, da einige Hauttumore hormonabhängig sind.

Gesäugetumore, die sowohl bei weiblichen als auch bei männlichen Tieren vorkommen können, können gut- oder bösartig sein, eine Röntgenaufnahme der Lunge sollte vor der Operation abklären, dass sich nicht bereits Metastasen entwickelt haben.

Dank modernen Narkosevefahren, die jederzeit mit Gegenmitteln aufgehoben werden können, sind Operationen bei Meerschweinchen deutlich sicherer geworden. Die lange Nachschlafzeit entfällt und die Schweinchen fangen wieder frühzeitig an zu fressen.

Die Leukose der Meerschweinchen wird durch ein Virus ausgelöst, das bereits von der Mutter übertragen werden kann. Sämtliche Körperlymphknoten und zum Teil auch innere Organe sind vergrößert. Im Blut ist in manchen Fällen eine hohe Leukozytenzahl zu beobachten. 

Die Diagnose allein ist kein Grund das Meerschweinchen zu erlösen. Wenn es noch frisst und munter ist, können das Immunsystem hemmende Mittel täglich vom Besitzer eingegeben und einmal in der Woche ein gut verträgliches Chemotherapeutikum gespritzt werden.

Nicht mit einem Tumor verwechselt werden dürfen Abszesse, die ebenfalls häufiger zu beobachten sind. Es handelt sich dabei um vom Körper eingekapselte Eiterherde, die für Antibiotika nicht erreichbar sind. Kleinere Verletzungen sind die Ursache. Diese Abszesse müssen, ebenso wie neoplastische Tumore, chirurgisch entfernt werden und heilen in der Regel komplikationslos ab.

Für Meerschweinchen lebenswichtig: gesunde Zähne

Meerschweinchen sind kleine Fressmaschinen. Sie benötigen dringen Raufaser, die in Heu, Gras und Kräutern reichlich vorhanden ist.

Pro Woche wachsen die Zähne eines Meerschweinchens etwa 1,5 Millimeter und die Maulhöhle ist sehr klein und durch die eine ausgeprägte Lippenfalte zudem in zwei Bereiche geteilt.

Versuchen Sie einmal Heu oder Gras mit den Zähnen zu zermahlen. Es wird Ihnen nicht gelingen. Meerschweinchen allerdings können dies und reiben während ca. 80 Mahlzeiten am Tag ihre Zähne aneinander ab, so dass diese nicht zu lang werden. 

Selbst das härteste Brot, geschweige denn Körner, vermögen dies zu erreichen!

Bekommt ein Meerschweinchen nun zu viel Getreide und leicht zu kauendes und schnell schluckbares Futter, so werden die Zähne überlang. Im Unterkiefer können sie aufgrund ihrer zungenwärtigen natürlichen Neigung aufeinander zu wachsen und wie eine Brücke die Zunge einsperren, so dass kein Futter mehr durch die Maulhöhle transportiert werden kann.

Muss ein Meerschweinchen sehr lange gepäppelt und von Hand mit der Spritze gefüttert werden, besteht die Gefahr ebenfalls. 

Nicht selten können angeborene Fehlstellungen des Kiefers ebenfalls zu Zahnproblemen führen. Mit solchen Tieren sollte keinesfalls gezüchtet werden.

Eine genaue Diagnosestellung und die gezielte Therapie von Zahnerkrankungen erfordern größte Sorgfalt. Ursachenforschung, Röntgenbilder des Kiefers, eine genaue Untersuchung der Maulhöhle in Sedation sowie planvolles Vorgehen und wiederholte Zahnbehandlungen stellen sowohl den Meerschweinchenhalter als auch den Tierarzt vor eine große Aufgabe.

Ein frühzeitiges Eingreifen hat auch hier die besten Aussichten auf Erfolg, eine Heilung ist jedoch nicht immer möglich.

Verdauungsstörungen und ihre Ursachen

Verdauungsstörungen kommen bei Meerschweinchen leider sehr häufig vor und können verschiedene Ursachen haben.

Sehr häufig werden sie durch Fütterungsfehler hervorgerufen, aber auch Infektionen und Zahnprobleme können zu Verdauungsstörungen führen.

Der Magen der Meerschweinchen ist sehr dünnwandig und kann sich nicht entleeren, daher können Meerschweinchen nicht erbrechen und müssen ständig Futter zur Verfügung haben damit der Nahrungsbrei weitertransportiert wird. Im Blinddarm wird die Zellulose der rauhfaserhaltigen Futtermittel von speziellen Bakterien verdaut. Er ist sehr groß und wird daher auch als Gärkammer bezeichnet. Diese Bakterien stellen lebenswichtige Nährsubstrate aus der Zellulose her und werden von dem Meerschweinchen mit dem Blinddarmkot aufgenommen und zu Nährstoffen zersetzt. Die gesamte Magendarmpassage kann daher bis zu fünf Tagen betragen.

Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass falsche Futtermittel (welker Salat, zu viel frisches Gras im Frühling, zu viele Körner, Brot und andere Stärke, zu wenig Heu u.v.m.9 massive Probleme, schmerzhafte Aufblähungen oder kreislaufbelastende Kolikzustände hervorrufen können.

Ebenso verhält es sich mit den häufigen Lebererkrankungen. 

Sehr viele Meerschweinchen leiden aufgrund einer Überversorgung mit energiereichem Futter an einer Fettleber. Stellen diese Tiere plötzlich das Fressen ein, so kann es zu einem Leberversagen kommen. Infektionen der Leber und Mikroabszesse sind ebenfalls anzutreffen.

Durchfälle können ebenfalls durch ungeeignetes Futter, aber auch durch Infektionen oder Zahnprobleme verursacht werden.

Es lohnt sich in jedem Falle, sich über die Besonderheiten des Verdauungstraktes beim Meerschweinchen zu informieren und geeignete Futterpläne zu erstellen, da die meisten gastrointestinale Probleme durch eine artgerechte Fütterung vermeidbar sind.

Störungen des Urogenitalapparates

Während Erkrankungen der Niere nicht allzu häufig bei Meerschweinchen vorkommen, sind Blasensteine nicht selten bei Meerschweinchen.

Blasensteine entstehen durch Mineralablagerungen, beispielsweise Kalziumkarbonat. Entzündungszellen können als Kristallationsherde fungieren. Weibliche Tiere sind häufiger betroffen als Böckchen, da sie aufgrund ihrer kürzeren Harnröhre vermehrt zu Blaseninfektionen neigen.

Blasensteine können sehr schmerzhaft sein und müssen chirurgisch entfernt werden.

Am Ende der Harnröhre befindliche Urethrasteine können beim Weibchen eventuell mit einer Ultraschallsonde zertrümmert werden. Dennoch besteht eine hohe Rezidivgefahr. Das liegt an dem hohen pH-Wert des Urins und der bei Meerschweinchen vermehrten Aufnahme von Kalzium und Phosphor über den Darm. Für einen bleibenden Therapieerfolg ist daher eine „Harnsteindiät“ notwendig, bei der die Kalziumzufuhr über das Futter eingeschränkt und die Flüssigkeitsaufnahme erhöht wird.

Eierstockzysten stellen mit Abstand eine der häufigsten Erkrankungen des Genitalapparates von Meerschweinchen dar. Sie können sehr groß werden und fallen daher manchmal den Besitzern bereits äußerlich auf.

Bis zu Tischtennisball groß können sie die Verdauungsorgane einengen und die Atmung behindern. Manche platzen von alleine ohne dass die Tiere schaden nehmen. Manchmal muss man sie von außen zerdrücken, am besten geschieht dies in Sedation.

Das Absaugen der Zystenflüssigkeit kann zu einem bedenklichen Flüssigkeitsverlust führen.

Hormonbehandlungen in regelmäßigen Abständen soll das erneute Auftreten von Zysten verhindern.

Daneben gibt es hormonell aktive Eierstockzysten, die zu einer Östrogenvergiftung führen können. Symmetrischer Fellausfall, der häufigste Grund diese Tiere in einer Praxis vorzustellen, und eine Unterdrückung der Knochenmarksfunktion sind die Folge.

Auch hier kann eine Hormonbehandlung versucht werden. Schlägt diese nicht an, so muss über die Kastration des Meerschweinchens nachgedacht werden.

Diabetes, Hyperthyreose

Neben der hormonellen Entgleisung durch Ovarialzysten bedarf es noch einiger Forschung auf dem Gebiet weiterer Endokrinopathien. Zu nennen wären hier vor allem die bei Hund und Katze bestens bekannten und seit längerem gut therapierbaren Erkrankungen Diabetes und Hyperthyreose.

Beim Diabetes handelt es sich um eine Entgleisung des Zuckerstoffwechsels, bei der Hyperthyreose um eine Überfunktion der Schilddrüse. Bei beiden Erkrankungen sind zur sicheren Diagnose und auch zur Therapiekontrolle regelmäßige Blutuntersuchungen notwendig, was beim Meerschweinchen nicht ganz unproblematisch ist, den ihre Blutgefäße sind zu zart für häufig wiederholte Blutentnahmen, selbst wenn nur geringe Mengen benötigt werden.

Der Diabetes kann relativ einfach über einen dauerhaft erhöhten Blut- und Harnzucker diagnostiziert werden. Die Tiere sind in der Regel gut genährt, trinken jedoch vermehrt oder fallen ihrem Besitzer durch eine Linsentrübung auf.

Bei der Hyperthyreose, also einer dauerhaft erhöhten Stoffwechsellage, trinken viele Meerschweinchen ebenfalls deutlich mehr, fressen sehr gut, nehmen dabei jedoch ab. Ihr Herzschlag ist meistens deutlich schneller, Herzmuskelschäden können die Folge sein. Vereinzelt wurde auch von Hitzeintoleranz, einer erhöhten Körperinnentemperatur oder Haarverlust berichtet.

Die Behandlung kann ähnlich wie bei Hund und Katze mit Medikamenten erfolgen. Beim Diabetes muss der Meerschweinchenhalter lernen, sein Tier zu spritzen. 

Häufig bessern sich die Symptome sichtbar, jedoch sind Langzeiterfahrungen noch selten und weitere Studien fehlen, um die Behandlung dieser Erkrankungen zu optimieren.

Notfälle

Verletzungen der Augen, Herz- Kreislauferkrankungen, Vergiftungen, Traumen und Hitzschlag sind Notfälle, die keinen Aufschub dulden.

Häufig führen auch ursprünglich gut behandelbare aber bereits seit längerem bestehende Erkrankungen und langandauernde Schmerzzustände plötzlich zu einem bedrohlichen Zustand und zu einer gefährlichen Stoffwechselentgleisung. 

Energiedefizite und Schockzustände, die beim Meerschweinchen vor allem die Lunge betreffen, können zu einem Zusammenbruch und generellem Organversagen führen. Vor weiteren diagnostischen Maßnahmen oder notwendigen Operationen steht daher die Stabilisierung der kleinen Patienten an erster Stelle. Eine stressfreie Umgebung, Sauerstoff, Notfall- und Schmerzmedikamente helfen oft über kritische Situationen hinweg und können lebensrettend sein.

(Beitrag von Dr. Claudia Möller in der Zeitschrift „Leben mit Tieren, Ausgabe 3/2014“)